BINDUNG & ENTWICKLUNGSTRAUMA
DIE KRANKHEITEN DER SEELE SIND KRANKHEITEN DER BEZIEHUNG
-- MARTIN BUBER -
Meine Erfahrung mit dem Wort Trauma sind meist sehr ähnlich. Oftmals wird unter dem Wort "Trauma" ein "überwältigendes" Geschehen assoziiert, welches mit massiver Gewalt, schwerem Unfall, Missbrauchs oder ähnlich schwerwiegenden Ereignissen in Verbindung steht. Bei Entwicklungstrauma ist es etwas anders.
Entwicklungstraumata sind oftmals nicht sofort sichtbar, weniger deutlich benennbar und werden weniger häufig erkannt.
Die Gruppe der Menschen, die unter einem Entwicklungstrauma leiden, haben eine immer wiederkehrende Belastung über einen längeren Zeitraum ertragen müssen. Überwiegend innerhalb ihrer Prägephase. Das Nervensystem eines Neugeborenen ist noch nicht vollständig ausgereift. Aus diesem Grund kann ein Baby seine inneren Zustände noch nicht selbst regulieren. Insbesondere Kinder brauchen verlässliche Bindungen, zuverlässige Bezugsperson(en) die es tröstet und beruhigt, wenn es innerlich in Aufregung ist. Findet diese zuverlässige Beruhigung nicht oder nicht ausreichend statt, dann kann dies schon zu einem Entwicklungstrauma führen.
Bei Entwicklungstraumata kann das klassische Verfahren wie es bei einer Schocktraumabehandlung - bestehend aus Stabilisierungsphase, Trauma-Konfrontation und -integration sowie der späteren Neuorientierung - in den meisten Fällen, so nicht übernommen werden. Die Sache ist komplexer, weniger eindeutig und die Probleme oft sehr tief in unserer Gefühlswelt, in unserem Handeln und somit auch in unserer Identität verankert.
In den meisten Fällen liegt eine Mischung aus Schock- und Entwicklungstraumatisierungen vor.
Eines der wichtigsten Faktoren für die Heilung oder auch Besserung ist hierbei der Kontakt zu einem authentischen, einfühlsamen Gegenüber. Sowie der behutsame Umgang mit inneren Anteilen - und oder dissoziierte Anteile.
​
Um mit einem Entwicklungstrauma bzw. mit den Auswirkungen besser umgehen zu können und dadurch ein fröhlicheres, unbeschwerteres und damit ein zufriedeneres Leben gehen zu können, sind folgende Dinge hilfreich.
Lerne dich und deine Bedürfnisse, deinen Körper, die Gefühle und Gedanken zunächst besser wahrzunehmen, um diese dann zu verstehen und schließlich damit dann besser umgehen zu können.
Es geht darum sich im Kontakt mit anderen besser wahrnehmen zu können, sich nicht zu verlieren, eine konstante Bindung aufbauen zu können und gleichzeitig die eigenen Grenzen zu wahren.
Stressvolle Situationen besser regulieren zu können und mit Konflikten und Ambivalenzen umgehen zu können.
Ein klareres Bild von der eigene Identität zu entwickeln, sowie ein gesundes Selbstwertgefühl aufzubauen.
In vielen Fällen ist es schwierig, Liebe und Sexualität zulassen und genießen zu können, hierzu braucht es Geduld und viel Vertrauensarbeit im Vorfeld.
​
Dieser Prozess braucht neben Geduld mit sich selbst, auch immer wieder liebevolle Unterstützung.
Glücklicherweise gibt es neben den vielfältigen Problemen meist auch ebenso vielfältige Ressourcen und Kräfte zu entdecken.
Trauma und glückliche Beziehung schließen sich zunächst einmal aus. Der Grund dafür ist, dass bei einem Entwicklungstrauma destruktive Beziehungsmuster im Nervensystem verankert wurden, schlicht um zu überleben. Als Erwachsene können wir dann erstmal gar nicht anders als diese Muster immer wieder neu zu inszenieren, weil unser Nervensystem keine alternativen Beziehungsschablonen hat. Damit etwas Neues entstehen kann, braucht es ein Gegenüber (z.B. Therapeut), der sich asymmetrisch verhält und nicht die unbewusst zugewiesenen Rollen einnimmt.
​
Verluste, Trennungen, verlassen, betrogen und gedemütigt zu werden, kann sich in jedem Alter traumatisierend auswirken.
​
​
​
​